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Orgel- und Klavierkonzert für Demokratie – gegen Antisemitismus und Rassismus

Marienkirche Stiftberg Herford Johann Sebastian Bach, György Ligeti, Franz Liszt, Arnold Schönberg, Viktor Ullmann Prof. Matitjahu Kellig (Klavier) KMD Johannes Vetter (Orgel) »Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.« David Ben-Gurion »Eine klingende Enzyklopädie des Schmerzes« nannte Doris Blaich in einem Beitrag für den SWR (März 2013) die Liszt’schen Variationen über das chromatische Bassthema aus dem Eröffnungschor der Kantate „Weinen Klagen Sorgen Zagen“, die Johann Sebastian Bach 1714 komponiert hatte. Anfang der 1860er Jahre hatte Franz Liszt zwei Fassung für Klavier und Orgel vorgelegt. Der Anlass war wohl der frühe Tod seiner Kinder Blandine (1835-1862) und Daniel (1839-1859). Große Musik aber weist über sich hinaus, und so fassen wir die Variationen von Franz Liszt als emotionales Portrait unserer Gegenwart auf, die zur Klage Anlass gibt. Aber aus der Klage erwächst Widerstand, der eine neue Realität hervorbringen kann. Liszt pflegte die Musik seiner späten Jahre „Zukunftsmusik“ zu nennen. Heinrich Heine schrieb über Franz Liszts Virtuosität, das Klavier verschwinde „und es offenbart sich die Musik“. Viktor Ullmann, Jude und Anthroposoph, den die Nazis im September 1942 mit seiner Familie ins KZ Theresienstadt deportiert hatten, komponierte dort u.a. drei Klaviersonaten und die Oper „Der Kaiser von Atlantis oder die Todverweigerung“. Am 16. Oktober 1944 wurde er nach Auschwitz verlegt und wenige Tage später ins Gas geschickt. György Ligeti floh 1956 nach der Niederschlagung des Ungarnaufstandes durch SowjetTruppen nach Österreich. Er war ein konsequenter Gegner von Ideologien und Diktaturen jeder Art. Für die Interpretation seiner ersten Orgeletüde „Harmonies“ empfiehlt er Experimente mit reduziertem Winddruck, was das Klangspektrum der Orgel auf strömende Luft und den Zwischenbereich von Klang und Geräusch erweitert. Harmonie als fragiles Ergebnis des Unvorhergesehenen. Arnold Schönberg war als Jude und Erfinder der Zwölftonmusik ein prominenter Vertreter jener Musik, die die Nazis als „entartet“ verunglimpften. Die Arbeit an einer zwölftönigen Orgelsonate brach er ab, weil er die Orgel mit ihrer auf Quinten und Oktaven aufgebauten Klangwelt als ungeeignet empfand; es handelt sich um eine spannende Begegnung zwischen dem Geist des Mittelalters und der musikalischen Avantgarde.